Ein Dokumenten Management System (DMS) ist eine technische Infrastruktur zur Verwaltung von unstrukturierten Informationen, die nicht bereits in Datenbanken oder Fachsystemen strukturiert vorgehalten werden. Darunter fallen nicht nur Papierdokumente, sondern auch E-Mails, Dateien auf Dateiservern und auch Informationen, die aus Fachsystemen heraus generiert werden. Erst durch das elektronische Bereitstellen dieser „Dokumente“ lassen sich auch elektronisch gesteuerte Prozesse abbilden. Umgangssprachlich ist die Rede von „Workflows“, was eigentlich so viel wie die „Automation Dokument-basierter Abläufe“ bedeutet. Nachweislich sind es eben diese elektronischen Workflows, die die Effizienz der Verwal-tungsarbeit erheblich steigern und erst ein ganzheitliches eGovernment ermöglichen. Wie gesagt, Grundlage und Basistechnologie dafür ist ein DMS. Auf was ist aber zu achten, damit diese DMS-Basisinfrastruktur erfolgreich in einer kommunalen Verwaltung eingeführt und auch langfristig erfolgreich betrieben werden kann?
Dauerhaft ein DMS-Team etablieren
Erfolgreiches Dokumenten Management fängt direkt beim Start eines DMS-Projekts an. Es muss ein DMS-Team, eine DMS-Koordinierungsstelle oder zumindest ein DMS-Verantwortlicher, ein „Kümmerer“ fest etabliert werden, der von Anfang an das Dokumenten Management-Thema in der kommunalen Verwaltung vorantreibt. Diese Person oder dieses Kernteam muss dafür entsprechende Arbeitszeit bereitgestellt bekommen, das heißt, von anderen Tätigkeiten freigestellt bzw. entlastet werden. Leider ist das nicht immer so. Teilweise wird das DMS-Thema u.a. auch von den Entscheidungsträgern in den Kommunen unterschätzt. Nicht selten bekommen die DMS-verantwortlichen Personen, die häufig aus der Organisation oder der IT stammen, die DMS-Aufgabenstellungen als „Nebentätigkeit“ aufs Auge gedrückt. Dieses Vorgehen funktioniert erfahrungsgemäß nicht. Zum einen reichen ein paar Stunden DMS in der Woche nicht aus, wenn das Vorhaben DMS erfolgreich durchgeführt werden soll. Zum anderen erfordert die sinnvolle Einführung von DMS-Prozessen in der Regel Änderungen an den organisatorischen Abläufen der Verwaltung. Das bedeutet, um ein DMS erfolgreich über mehrere Bereiche hinweg in einer kommunalen Verwaltung einzuführen, sollte der „Kümmerer“ aus dem Bereich der Organisation kommen. Die IT-Abteilung ist zwar häufig der Initiator von DMS-Projekten, beispielsweise, um dedizierte Probleme einzelner Abteilungen zu lösen, jedoch im Kern ihrer Aufgaben nicht die übergreifende Abteilung, welche die Optimierung und Veränderung der Prozesse der Verwaltung voranzutreiben hat. Übrigens, spätestens nach der Einführung eines DMS sollte die zuvor genannte DMS-Koordinierungsstelle unbedingt fest installiert werden. Diese Stelle konsolidiert die Dokument-basierten Anforderungen der Fachdienste und entscheidet über den Einsatz der entsprechenden Technologie für die DMS-Anforderungen. Ebenso sollten weitere Verantwor-tungsbereiche geschaffen werden, um das DMS möglichst effizient in der Verwaltung auszu-rollen. Bewährt hat sich hier neben der DMS-Koordinierungsstelle die Schaffung von DMS-Beauftragten in den Fachbereichen, eines DMS-Verantwortlichen aus der IT-Technik und die Einbeziehung von weiteren relevanten DMS-Beteiligten wie die Personalvertretung, die Revision und/oder die Rechtsabteilung. Diese Querschnittsfunktionen sollten möglichst vor den geplanten DMS-Projekten informiert und auch involviert werden, insbesondere wenn es um Themen wie die Einführung einer automatisierten Postkorb-/Workflow-Lösung (Stichwort Leistungsmessung), Datenschutz, Aufbewahrungsfristen von Dokumenten oder um das Thema der Papiervernichtung geht.
Bestimmen der Ziele und des Nutzens
Durchaus gibt es DMS-Projekte, in denen die Projektphase der Definition von Zielen und Nutzen eines DMS gerne übersprungen wird. Das ist fatal. Ein DMS sollte nicht eingeführt werden, weil DMS gerade ein Trendthema ist. Nein, die Entscheidung für ein DMS sollte auf den mit einem DMS zu erreichenden Zielen und deren Nutzen für die Kommune beruhen. Transparente und nachvollziehbare Entscheidungsgrundlagen sind in dieser Phase unbedingt notwendig. Die hierfür investierte Zeit oder auch ein Budget für externe Fachleute zwecks Unterstützung werden durch die Vermeidung möglicher Fehlentscheidungen erfahrungsgemäß schnell kompensiert.
Das passende DMS-Produkt
Sind die Ziele definiert und ist ein Nutzen für die Verwaltung in Hinblick auf den DMS-Einsatz erkennbar, dann muss – vorausgesetzt, ein DMS ist noch nicht vorhanden – ein entsprechendes System ausgewählt werden. Eines steht schon jetzt fest: Die Entscheidung für ein DMS bzw. für einen DMS-Anbieter ist eine langfristige Entscheidung, die sowohl organisatorisch als auch technisch nicht so einfach rückgängig gemacht werden kann. Werden erst einmal aufbewahrungspflichtige Dokumente in einem DMS rechtssicher gespeichert, dann kann es durchaus sein, dass diese Dokumente über Jahre bzw. sogar Jahrzehnte aufbewahrt werden müssen. Daher ist es sowohl für den kurzfristigen als auch für den langfristigen Projekterfolg dringend geboten, die technisch/funktionalen als auch organisatorischen Anforderungen an ein DMS zu formulieren und danach das System auszuwählen. In diesem Zusammenhang sollte auch die wirtschaftliche Stärke des anbietenden DMS-Unternehmens und dessen Supportorganisation mit betrachtet und bewertet werden. Die Implementierung einer DMS-Infrastruktur, welche die vielfältigen, individuellen dokumentenzentrischen Probleme einer kommunalen Verwaltung löst, ist nicht mit der Beschaffung und Einführung einer Textverarbeitungssoftware zu vergleichen. Daher ist Vorsicht geboten, wenn der Preis den wesentlichen Ausschlag für ein DMS gibt. Häufig ist das auf den ersten Blick günstigste DMS doch nicht so günstig wie es scheint. Ein DMS mit preiswerten Lizenzen, aber wenig Standardfunktionalität wird langfristig durch notwendige Dienstleistungen sehr teuer, denn Funktionalitäten und Schnittstellen zu Fachverfahren müssen ggf. noch programmiert werden. Hingegen könnte ein DMS mit höheren Lizenzpreisen, aber dafür mit viel Standardfunktionalität und bereits vorhandenen Schnittstellen zu Fachverfahren durch den niedrigeren Dienstleistungsaufwand langfristig viel günstiger sein (siehe Abbildung 1). Folglich muss das Ziel einer DMS-Auswahl die Beschaffung der wirtschaftlich sinnvollsten Lösung sein. Erfahrungsgemäß liegt der Ausschreibungswert bei Neuausstattung einer Verwaltung mit mehreren im DMS umzusetzenden Prozessen für marktgängige DMS-Lösungen mit hohen Standards im 6-stelligen EUR-Bereich (Lizenzen, Wartung und Dienstleistung auf 4 Jahre gerechnet). Somit ist es in der Regel notwendig, dass wirtschaftlich sinnvollste Angebot im Rahmen einer nationalen oder EU-weiten Ausschreibung zu ermitteln. Kommunen, die bereits ein DMS im Einsatz haben und mit dem Produkt gut klar kommen, haben es hier natürlich schon einfacher.
Abbildung: 1: Nicht nur die Lizenzkosten kalkulieren
Die Wahl der „richtigen“ DMS-Projekte
Steht das DMS-Produkt fest, kann mit der Projektdurchführung begonnen werden. Hierbei ist es wichtig, zu verstehen, dass mit dem DMS eine neue Technologie in der Verwaltung Einzug hält. Diese neue Technologie muss erst einmal von der IT beherrscht und von den Anwendern verstanden werden. Es ist ähnlich wie beim Radfahren lernen. Am Anfang benötigt man Hilfestellung und fährt eher kurze Strecken, bis dann endlich nach einigen Übungsphasen eine schöne ausgiebige Sonntagstour unternommen werden kann. So ist es auch mit den DMS-Projekten. Es ist vorteilhaft, mit übersichtlichen und in sich abgeschlossenen Projekten zu beginnen und dann nach und nach die DMS-Lösung in der ganzen Verwaltung auszurollen. Viele Projekte, die mit einer komplexen Workflow-Lösung oder gar der kompletten Digitalisierung des Posteingangs in der Verwaltung starten, scheitern, denn die DMS-Einführung ist nicht nur die Implementierung von Technologie, sondern vielmehr ein Organisationsprojekt, da sich bei Workflow-Projekten die aktuell gelebten Prozesse vollkommen ändern. Jede Systemstörung oder jeder Systemausfall behindert unmittelbar die Sachbearbeitung und erzeugt Leerlaufkosten und frustrierte Anwender. Allerdings ist es häufig nicht das technische System, das diese Projekte zum Scheitern bringt, sondern es sind eher organisatorische Versäumnisse. Simpel gesagt, es funktioniert nicht, die vorhandenen Papierprozesse 1:1 auf elektronische Prozesse umzustellen, sondern es müssen i.d.R. neue fachliche Prozesse und ggf. sogar Organisationseinheiten (z.B. zentrale Scanstelle, Hotline für DMS etc.) geschaffen werden. Die Fachdienste müssen stark in diese Workflow-Projekte involviert sein und wenn dazu die entsprechende Zeit fehlt, bekommt das Wort DMS in den Fachdiensten womöglich einen faden Beigeschmack. Die aufgeführten Hinweise unterstreichen nochmal die zu Beginn des Artikels aufgeführte Empfehlung, dass das DMS-Projekt mindestens durch die Organisationsabteilung begleitet, wenn nicht gar maßgeblich getrieben werden sollte.
Werden hingegen nach der DMS-Einführung schnelle und erfolgreiche Projekte durchgeführt, dann kommen erfahrungsgemäß die Fachdienste selbst auf das DMS-Team zu und möchten die Vorteile dieser Technologie nutzen. Das DMS wird zum Selbstläufer. Zum Thema Workflow einen Tipp: Erst wenn die IT und/oder die Organisation das neue DMS verinnerlicht hat, macht es Sinn, mit den eher komplexen Workflowprojekten zu beginnen. Letztendlich sollte das Ziel sein, die Verwaltungsprozesse zu beschleunigen und zu optimieren. Das geht zugegebenermaßen eben sehr gut über ein DMS und die Abbildung von elektronischen Prozessen bzw. Workflows. Eine langfristige DMS-Strategie ist daher unabdingbar.
Eine Strategie zur Weiterentwicklung und zum stetigen Ausbau des DMS
Das DMS muss zielorientiert ein- und umgesetzt werden. Dieses funktioniert nur dann, wenn es einen langfristigen Plan dafür gibt, die sogenannte DMS-Strategie. Das DMS-Team sollte sich nicht von Ad–hoc-Anforderungen treiben lassen, sondern systematisch einen Umsetzungsplan verfolgen, so dass in möglichst kurzer Zeit die gesamte Verwaltung mit dem DMS ausgestattet ist. Hier müssen nicht immer lange Strategiepapiere entwickelt werden, nein, häufig reicht eine MindMap, die den Fahrplan vorgibt. Wichtig ist immer, dass die Umsetzungsstrategie die unterschiedlichen Fachdienstanforderungen im Sinne der Verwaltungsziele (Nutzenorientierung, IT-Rahmenbedingungen etc.) abdeckt. Die Strategie darf anstehende Verbesserungen nicht verzögern, sondern muss eine beschleunigte Verfügbarkeit notwendiger Problemlösungen unterstützen. Und sollte das DMS-Thema in der Verwaltung doch einmal ins Stocken geraten, dann ist es durchaus sinnvoll, auf nachweisbares und langjähriges Expertenwissen zurückzugreifen. Know-how bei der DMS Umsetzung spart mehr Geld, als es kostet.
Zuerst veröffentlicht im „der gemeinderat“ (Februar Ausgabe)