Diese EIM-Umfrage ist zuerst erschienen in der BIT 5/2016
BIT: Enterprise Information Management spaltet nach wie vor die Branche. Sehen Sie in EIM einen marktrelevanten Trend?
B. Zöller: EIM (Enterprise Information Management) wird seit einigen Jahren in der ECM-Branche als erweiterte Marktdefinition kontrovers diskutiert. Danach umfasst EIM nicht nur Dokumenten Management, sondern auch alle anderen Anwendungssysteme, in denen geschäftsrelevante Informationen vorgehalten werden, wie zum Beispiel ERP oder CRM. Unsere Meinung: Damit steht EIM als Begriff eine Abstraktionsebene oberhalb von „DMS“ oder „ECM“. Es gibt aber sicherlich Anwender und Anbieter, denen eine auf DMS, Akte, Archivierung oder andere ECM-Einsatzfelder fokussierte Begrifflichkeit zu eng ist. Wer sich als Anwender aber zu konkreten Archivierungs-, DMS- und ECM-Themen orientieren möchte, für den sind diese sehr generischen Akronyme eher Barriere als Orientierung. Wir suchen ja auch kein „Fahrzeug“ wenn wir einen Lkw benötigen, weil sich unter „Fahrzeug“ alle möglichen Lösungen anbieten. Ich habe also kein Problem mit solchen generischen Bezeichnungen per se, sondern damit, dass der Begriff EIM die sehr viel konkreteren Begriffe des ECM-Marktes ablösen soll, weil diese angeblich verwirren. Ja, sie sind verwirrend, aber das Problem löse ich nicht, indem ich ALLES mit einem einzigen neuen Begriff belege, der keinerlei Orientierung mehr bietet, außer dass es irgendwas mit wichtigen Informationen zu tun hat.
BIT: Hat die Bezeichnung EIM Chancen, sich nachhaltig zu etablieren bzw. ist dies bereits geschehen? Überfordern die zahlreichen Branchen-Akronyme nicht bereits die Anwenderunternehmen?
B. Zöller: Nach unserer Wahrnehmung waren die Anwender bereits mit den bisher verwendeten Begriffen wie Archivierung, Workflow, DMS, ECM überfordert, weil diese bereits häufig von Anbietern oder Beratern unterschiedlich interpretiert wurden. Verwendet man aber einen neuen Begriff, der nichts konkretisiert, sondern versucht, sogar noch weitere Anwendungsfacetten in einem einzigen Begriff unterzubringen (obwohl es den EIM-Markt ja gar nicht gibt), ist das eher eine Erschwernis für Anwender, die sich zu bereits konkretisierten Themen informieren wollen. Wenn alles „EIM“ ist, unabhängig davon, ob es unter der Haube ERP, Archiv, Warehouse oder Enterprise ist, dann verlängert sich die Lernkurve für den Anwender. Die Gretchenfrage an die Verbreiter der EIM-Begrifflichkeiten ist doch: Gehört ERP dazu oder nicht dazu? Was ist mit CRM? Was ist CAD/CAM? Was ist mit Produktionssteuerungsverfahren? Wir haben wahrscheinlich alle Konsens, dass in all diesen System „Enterprise Information“ verwaltet wird. Dann wäre aber EIM nichts anderes als ein Synonym für „die gesamte IT-Anwendungslandschaft, wo geschäftskritische Informationen verarbeitet werden. Welchen Nutzen hat dann der Begriff, wenn er eigentlich fast alles erfasst? Definitiv wäre der DMS/ECM-Markt die kleine, kaum noch wahrnehmbare Nische in diesem großen Bild. Warum also sollte sich ein DMS/ECM-Anbieter diese Abkürzung zu eigen machen? Damit er nicht mehr erkennbar ist mit seinen besonderen Fähigkeiten?
BIT: Gehen mit dem Blick auf Informationsmanagement auch neue praxisrelevante Lösungen, neue technologische Konzepte oder neue organisatorische Betrachtungen einher?
B. Zöller: Nein. Es ist erstmal nur ein neuer Sammelbegriff für bereits vorhandene Technologien. Mir ist bisher nicht erklärt worden, warum wir den Begriff benötigen, welche Probleme er löst und wie er die Lernkurve der Anwender verkürzt.