Nicht allen SAP-Anwendern sind die unterschiedlichen Möglichkeiten zur Dokumentenverwaltung bekannt, die SAP im Basissystem als Standard mit ausliefert. Welche Alternativen gibt es und was steckt hinter dem SAP Content Server?
Bei der Suche nach ECM-Funktionalitäten in der SAP-Umgebung finden sich mehrere unterschiedliche Ansätze und Möglichkeiten Dokumente zu verwalten, zu bearbeiten und mit Business-Objekten zu verknüpfen.
Vielen SAP-Kunden ist sicherlich der Begriff „ArchiveLink“ und die damit verbundene HTTP Content Server-Schnittstelle zur Archivierung und Verknüpfung von Dokumenten mit SAP Business-Objekten bekannt. In diesem Umfeld gibt es eine größere Anzahl von ECM-Anbietern, die ihre Lösungen für diese Schnittstelle haben zertifizieren lassen und eine große Anzahl von SAP-Systemen mit ArchiveLink-Nutzung.
Typischerweise erfassen die Anwender darüber eingehende Dokumente wie Rechnungen, Bestellungen, Aufträge etc. oder legen darüber ausgehende Dokumente, Drucklisten oder auch archivierte SAP-Daten ab. Der Zugriff auf gespeicherte Objekte erfolgt ausschließlich über das SAPGUI aus der Anzeige des verknüpften Business-Objekts.
Wesentlich älter, da aus der R/2-Welt übernommen, ist das SAP Document Management als eigenständiges Anwendungsmodul in der SAP-Basis – auch bekannt unter dem Begriff „DVS“ (Dokumentenverwaltungssystem). Vor allem Anwender von technisch orientierten Modulen wie beispielsweise SAP PLM nutzen das DVS zur Verwaltung von technischen Dokumenten wie beispielsweise CAD-Zeichnungen, Handbücher, Produktdokumentationen und verknüpfen diese mit Materialstämmen, Produktstrukturen etc. – mittlerweile können DVS-Dokumente jedem beliebigem SAP-Objekt zugeordnet werden.
Für die physikalische Speicherung der Dokumente kann ein für die HTTP Content Server-Schnittstelle zertifizierter Content Server wie beispielsweise der SAP Content Server genutzt werden.
Während in der Vergangenheit die Nutzung des DVS nur über das SAPGUI und somit für klassische SAP-Nutzer möglich war, bietet SAP mittlerweile alternative Oberflächen an: Easy DMS für die klassischen Microsoft Desktop-Benutzer oder WebDocuments für einfache Ad-hoc-Zugriffe über einen Browser.
Der Kreis der potentiellen Anwender von Dokumenten Management-Funktionen kann damit über die SAPGUI-Benutzer hinaus erweitert werden – ein SAP-Login ist aber immer Vorrausetzung.
Records Management ist die jüngste ECM-Komponente und bietet Möglichkeiten zur Abbildung und Strukturierung unterschiedlicher Inhalte wie Anwendungsdaten, Dokumenten und Workflows etc., die im Zusammenhang mit Kundenakten, Personalakten verwaltet werden müssen. Hier sollte für die Speicherung der Aktenmodelle und generierten Akten ein über die HTTP Content Server-Schnittstelle angeschlossenes Ablagesystem genutzt werden.
Der SAP Content Server wurde als SAP-eigene Implementierung der HTTP Content Server Schnittstelle im Rahmen der Umstellung der ArchiveLink-Schnittstelle auf HTTP-Kommunikation entwickelt und wird SAP-Kunden als Repository für Hilfetexte und Traningsunterlagen etc. ohne Zusatzkosten ausgeliefert.
Ursprünglich nur mit einer Speichermöglichkeit für Dokumente als BLOB’s in der SAP DB und ausschließlich für die Microsoft-Plattform entwickelt, steht der SAP Content Server mittlerweile auch als Implementierung auf gängigen UNIX-Plattformen zur Verfügung – alternativ können hier Dokumente auch auf dem Filesystem abgelegt werden.
Neben Storage-Funktionen bietet der SAP Content Server auch Caching-Mechanismen und erlaubt den Aufbau verteilter Dokumentenbestände über mehrere Standorte.
In der Praxis wird der SAP Content Server hauptsächlich zur Ablage von technischen Dokumenten genutzt.
Wie sieht es aber mit der Nutzung als Archiv für kommerzielle Dokumente aus?
Funktional ist die Speicherung von ausgehenden Dokumenten, Drucklisten und Archivdateien über die Standard HTTP Content Server-Schnittstelle abgedeckt. Ein Anwender kann seine ausgehenden Rechnungen dort ablegen und sich auch wieder anzeigen lassen. Was fehlt, ist beispielsweise eine Lösung für das typische Workflow-Szenario „Frühes Erfassen“ mit Scannen und Archivieren von eingehenden Dokumenten oder für ein Barcode-Szenario – diese werden typischerweise von ArchiveLink-zertifizierten Systemen zur Verfügung gestellt.
In Bezug auf Speichertechnologien wird vom SAP Content Server neben der SAP DB auch die Ablage von Dokumenten auf einem Filesystem unterstützt. Soweit diese Speicherbereiche einer Archivanwendung „exklusiv“ bereitgestellt werden und das System sicherstellt, dass Anwender auch in dieser Umgebung nicht direkt schreibend auf diese Speicherbereiche zugreifen, kann auf dieser Basis eine revisionssichere Archivumgebung aufgebaut werden.
SAP selbst bietet und plant derzeit auch keine ArchiveLink-zertifizierte Lösung in Verbindung mit dem SAP Content Server. Anwender, die einen solchen Einsatz planen, müssen selbst für die Realisierung der fehlenden Module und Funktionen sorgen.
Wichtig ist dann die Erstellung einer Verfahrendokumentation und eines Nachweises der Revisionssicherheit für die Gesamtlösung, um nicht nur unternehmensintern, sondern beispielsweise auch gegenüber Wirtschaftsprüfern abgesichert zu sein.
Eine Betrachtung der seitens SAP angebotenen Möglichkeiten lohnt sich immer für Unternehmen mit einer intensiven Nutzung unterschiedlicher SAP-Module.
Sollten SAP-Anwender ihre ECM-Entscheidung allein auf Basis der Beschaffungskosten fällen? Sicherlich nicht: Hier spielen zusätzliche Aspekte eine wesentliche Rolle wie z.B. angebotene Funktionen, Unterstützung unterschiedlicher Nutzergruppen (auch außerhalb von SAP), Speicherstrategien und die Kosten der laufenden Administration, wenn der Einsatz eines ECM-Systems geplant wird.
Die konkrete Plattformentscheidung sollte daher auf Basis einer eingehenden Situationsanalyse und der identifizierten Anforderungen an Fachfunktionen erfolgen. Während dedizierte Archiv- und Dokumenten Management Systeme häufig erweiterte Integrationen zur Aufnahme, Verwaltung und Reproduktion von Dokumenten bieten, steht bei einer SAP basierten Lösung die tiefe Integration in die betriebswirtschaftliche Umgebung im Vordergrund. Welcher Lösungsansatz passender ist, muss von Situation zu Situation einzeln entschieden werden.