10 Jahre ist es nun her, dass die Grundsätze zum Datenzugriff erschienen sind. Anfangs wurde gerätselt, was genau damit gemeint sei. Jeder interpretierte ein wenig anders. Daher gab es Fragen- und Antwortlisten, Überarbeitungen, Seminare und viel viel Beratung. Mittlerweile sind die Dinge klar! Und vieles ist für Unternehmen einfacher geworden.
Steuerrelevante Daten
Durch die GDPdU wurde es endlich amtlich: Alles im Unternehmen ist steuerrelevant. Die leidliche Diskussion über „sonstige Unterlagen, die für die Besteuerung relevant sind“, hat damit ein Ende – zum Leidwesen der Berater, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, denen die Analyse-Projekte wegbrechen. Folgerichtig war die letzte Aktion der SAP-Usergroup GDPdU vor ihrer Auflösung die Umbenennung von „DART“ in „DUMP“, da dies den Kern der neuen Version besser trifft.
Datenzugriff
Der Z1-Zugriff (direkter Systemzugriff) ist mittlerweile die Regel geworden, allerdings führen die Fernabfragen direkt aus den Finanzämtern während der Arbeitszeit manchmal zu Performance-Engpässen auf den Produktivsystemen. Hier sind technisches Know-how und intelligente Lösungen gefragt, dem die Finanzverwaltung auch nachkommt. Wurde bspw. bei SAP früher fehleranfällig mit ABAP-Scripting und direkt in der Transaktion SE54 (Generierung Tabellensicht) gearbeitet, stehen heute auf den Prüfer-Laptops standardmäßig Tastaturmakros für häufig genutzte Anfragen („select * from“) zur Verfügung. Auch haben sich die Tools der Prüfer verändert. Neben WinIDEA wird immer häufiger auch der Oracle Database Browser und das MS SQL Server Management Studio genutzt. Direkter Tabellenzugriff (GoBS-konform, da von der Finanzverwaltung selbst) sorgt hier für schnelle Ergebnisse.
Auch große Datenmengen sind dank IDEA.CLOUD kein Problem mehr. Hier entfallen dann auch die lästigen Kontrollmitteilungen, da eine mandantenübergreifende Auswertungsmöglichkeit in der Cloud zur Verfügung steht. Oder um im Prüfer-Jargon zu bleiben: „Ich mach‘ mal schnell den Full-Outer-Join“.
Mittelständler interessiert die digitale Betriebsprüfung gar nicht mehr: Nach Unterschrift des DATEV-BP-Zugriffformulars kann man sich getrost wieder auf das Kerngeschäft konzentrieren.
Prüfmakros
Hier schlägt sich die Erfahrung aus 10 Jahren elektronischer Betriebsprüfung voll nieder. Je nach Branche und Unternehmensgröße ist meist schon vorher klar, wo der Hund begraben liegt. Hier einige Beispiele, die laut Statistischem Bundesamt in mehr als 80% zu Steuernachzahlungen führten:
Branche |
Prüfmakro |
Eisdiele | Korrelation Wetterdaten zu Eis-Umsätzen |
Fußballclubs | Stadionumsatz mit alkoholischen Getränken im Verhältnis zum Tabellenplatz (sog. Low-High-Analyse) |
Apotheken | Verhütungsmittel-Umsätze in der Karnevalszeit |
Autohändler | Verkaufte Neuwagen zu gekauften Gebrauchtwagen |
Alle Branchen | Schlagwortsuche nach: Schalke, Uhse, Spende, VIP, Polen, geheim, „weiß nicht“ (nicht vollständige Aufzählung) |
Alle Branchen | Buchungen nach 22.00 Uhr |
Wer heute als Prüfer noch mit negativem Kassenbuch oder doppelten Buchungsnummern daherkommt, wird nur noch müde belächelt. Branche anklicken, Daten laden, fertig ist der Nachzahlungsbescheid. Die Top10-Prüfungsmakros (pro Monat, pro Jahr, All Stars) stehen auf der Website der Finanzverwaltung zum Download bereit.
Zertifizierung
Die neu eingeführte GDPdU-Zertifizierung erleichtert vieles und ist Voraussetzung für die Verkürzung der Aufbewahrungsfrist. Auditierte Unternehmen können so nach einer Betriebsprüfung alle Daten und Dokumente vernichten. Speicherplatz und Raumfläche wird frei. Altsysteme können früher abgeschaltet werden, so dass IT-Mitarbeiter im Ruhestand nicht mehr als freie Berater engagiert werden müssen.
Leider sind die Prüfungskriterien der GDPdU-Zertifizierungstellen der Länder immer noch unterschiedlich, so dass sich hier die Vollprüfung nach allen 16 Bundesländern durchgesetzt hat („Full-German“ anklicken, GoBS-Kombi möglich), um auf der ganz sicheren Seite zu sein. Schließlich hat man ja Geschäftspartner in anderen Bundesländern. Die OECD-Arbeitsgruppe „Standard Audit File“ arbeitet hier an entsprechenden EU-weiten Standardisierungen.
Aufbewahrung der Unterlagen
Auch auf die Aufbewahrung, die sogenannte revisionssichere Archivierung, hatten die GDPdU Einfluss und haben hier für Klarheit gesorgt. Unveränderbare Datenträger müssen eingesetzt werden, Festplatten gehen hier gar nicht! Im Heinz Nixdorf-Museum in Paderborn beklagt man seit dem Erscheinen einen erhöhten Diebstahl von True-WORM-Exponaten (5 ¼-12 Zoll) in der Abteilung Optische Speicher, aber die Unternehmen tun eben alles, um GDPdU-konform zu archivieren.
Auch Archivierungsformate waren durch die GDPdU betroffen. TIFF scheidet ja bereits seit Jahren aus, da das Format nicht maschinell auswertbar ist. Volltextmodule sind seit Erscheinen der GDPdU praktisch unverkäuflich, da hier keine ausreichende Strukturierung der Daten vorhanden ist. Auch PDF oder PDF/A helfen hier nicht richtig weiter. Immerhin kann Text eingebettet werden, aber dieser ist ggf. immer noch unstrukturiert. Daher gibt es häufig Arbeitsanweisungen, dass Handels- und Geschäftsbriefe nur noch in strukturierter Form geschrieben werden dürfen, damit diese besser auswertbar sind. Die Umstellung von Word auf Excel ist hier zwar für einfache Schreibkräfte etwas problematisch, aber führt immerhin zu strukturierten Texten. Unstrukturierte Eingangspost wird erst gar nicht mehr entgegengenommen. Die Prüfung kann hier bereits durch Hilfskräfte in der Poststelle erfolgen. Kann man einen Brief mit der Schere in Spalten schneiden, ist er strukturiert und GDPdU-konform!
Da Prüfer nach einem Urteil des BFH vom 26.09.2007 auch auf die elektronischen Archivsysteme zugreifen dürfen, müssen diese natürlich auch auswertbar sein („maschinell auswertbares Archivsystem“). Positiver Effekt für das Unternehmen: So manches DMS-Migrationsprojekt wurde dadurch erleichtert, dass bereits der Prüfer den Z3-Massenexport eines gesamten Jahrgangs durchgeführt hat.
Steuerrelevante E-Mails
Für steuerrelevante E-Mails gibt es eine praktische und günstige Lösung: Da im Gegensatz zu einer Rechnung nicht immer klar ist, wann eine E-Mail steuerrelevant ist, sollte ein zentral administrierter BCC bei Mitarbeitern eingerichtet werden, die potenziell Handelsbriefe per Mails erstellen könnten. Hier sichert die sofortige Weiterleitung an das zuständige Finanzamt die unverzügliche Verfügbarkeit der Unterlagen. Die für das Unternehmen relevante E-Mail-Adresse findet man unter www.BMF-brother.gov. Praxistipp: Auch hier auf maschinelle Auswertbarkeit der E-Mail-Texte achten: Mail-Body nicht benutzen, nur Excel-Attachments (Arbeitsanweisung!).
Brennpunkt Backup
Dass in den Backups steuerrelevante Daten enthalten sind, steht wohl außer Frage. Leider besitzt die Prüfungssoftware weder für TSM, BackupExec oder andere Produkte eine geeignete Import-Schnittstelle. Um hier Diskussionen mit dem Prüfer aus dem Weg zu gehen, empfiehlt sich der Verzicht auf diese Duplizierung von steuerrelevanten Daten. Da diese nach einer Prüfung sowieso dauerhaft beim Finanzamt gespeichert werden, stellt dies ein vertretbares Risiko dar. Papierdokumente müssen ja in jedem Fall zusätzlich aufbewahrt werden. Steht dann im Prüferzimmer neben den Racks und Blades noch ein schneller Scanner, kann bei Bedarf die unverzügliche Umwandlung von Papierdokumenten in maschinell auswertbare Daten erfolgen.
Fazit
Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass durch die GDPdU vieles einfacher geworden ist:
- Keine Diskussionen mehr um den Umfang an steuerrelevanten Daten
- Weniger Betreuungsaufwand für Prüfer, da direkter Systemzugriff
- Transparenz des Prüfungsumfangs durch frei verfügbare Prüfungsmakros
- Einheitliche und strukturierte Handelsdokumente
- Zertifizierung sorgt für Vereinfachung und Kostenreduzierung
Nicht ganz zu Unrecht hat sich die landläufige GDPdU-Abkürzung „Gib dem Prüfer Deine Unterlagen“ gewandelt. Immer häufiger hört man in den Steuer-Abteilungen: „Ging doch prima, diese Untersuchung“
Thorsten Brand, Senior-Berater Zöller und Partner