Sie planen ein DMS-Projekt oder befinden sich schon mittendrin? Dann stellt sich bei aller Euphorie um das bald „papierlose Büro“ häufig die Aufgabenstellung, dass Papierdokumente in größerem Umfang gescannt und in das zukünftige elektronische Archiv bzw. DMS-System überführt werden sollen. Dies können zum Beispiel Aktenordner, technische Zeichnungen, die Eingangsrechnungen oder auch der gesamte Papier-Posteingang des Unternehmens sein.
In diesem Artikel möchten wir Ihnen einige Aspekte an die Hand geben, damit Sie besser entscheiden können, ob Sie eine anstehende Digitalisierung von Papierdokumente eher firmenintern durchführen oder durch einen externen Dienstleister durchführen lassen wollen. Für den Fall der Vergabe an einen Dienstleister haben wir Ihnen nachfolgend einige Empfehlungen zusammengestellt.
Lassen Sie uns zunächst mal ganz von vorne anfangen. Wie sieht der Prozess der Digitalisierung im Detail aus, bzw. was macht ein Scan-Dienstleister eigentlich?
Zunächst einmal unterscheidet man zwischen der einmaligen Digitalisierung von typischerweise Akten („Bestandaktenübernahme“ genannt) und der regelmäßigen Verarbeitung von Papierdokumenten („Tagesgeschäft“ genannt).
Bei der einmaligen Digitalisierung wird häufig im Rahmen einer DMS-Einführung im Unternehmen oder aus Anlass eines Umzugs ein größeres Papierarchiv, Zeichnungsarchiv oder eine Aktensammlung aufgelöst.
Bei der regelmäßigen Verarbeitung handelt es sich um die wiederkehrende Digitalisierung von Papier-Eingangspost, die aufbewahrungspflichtig oder aufbewahrungswürdig ist. Mit „regelmäßig“ kann hierbei ein täglicher Rhythmus gemeint sein oder auch ein wöchentlicher oder monatlicher Rhythmus.
Der Prozess der Digitalisierung
Der Ablauf der Digitalisierung von Papierdokumenten lässt sich grob in folgende Teilprozesse aufteilen:
2. Physikalische Aufbereitung (z.B. fachliche Sortierung, Entheften, Umkopieren, …)
3. Scannen / Digitalisierung
4. Image-Verarbeitung (elektronische Verarbeitung des erzeugten digitalen Abbildes)
5. Manuelle Erfassung / Indexierung (und auch Sortieren und Löschen von Images)
6. Logistik für Rücktransport
sowie optional
7. Zwischenlagerung des gescannten Papiers
8. Datenschutzgerechte Vernichtung
In der Praxis verbergen sich hier je nach Tiefe der Dokumentenverarbeitung über 50 einzelne Prozessschritte. Die Aufgabe kann gerade bei größeren Aktenmengen, wie z.B. der Digitalisierung von 50.000 Aktenordnern oder des täglichen Posteingangs mit 5.000 Schriftstücken sehr komplex werden.
Der erste Schritt sollte daher die Ermittlung der Detail-Anforderungen sein, die der Dienstleister erfüllen muss. Nicht ohne Grund gehört das Anforderungsmanagement und das Vereinbaren von möglichst konkreten Service-Level-Agreements zu den Grundvoraussetzungen für eine gut funktionierende Auftraggeber-Auftragnehmer-Beziehung.
Wesentlichen Anforderungen bei der Papier-Digitalisierung sind:
- Wirtschaftlichkeit
- Vollständigkeit
- Nachvollziehbarkeit aller Prozessschritte
- Qualität der Scan-Verarbeitung
- Zeitvorgaben / Flexibilität
- Datenschutz und Datensicherheit
Wirtschaftlichkeit
Typischerweise denkt man bei der Digitalisierung der Papierunterlagen vor allem an die Anforderung der Wirtschaftlichkeit, also an einen möglichst niedrigen Preis für diese Dienstleistung. Hierbei ist Folgendes zu berücksichtigen: Falls Sie die Dienstleistung firmenintern erbringen lassen wollen, ist zum einen der einmalige Aufwand für die Beschaffung der Hardware (z.B. für Scan-Station, Arbeitsplatzausstattung, Brieföffner), für die Beschaffung der Software (z.B. für OCR-Erkennung, Volltext-Erzeugung, Format-Konvertierung) und für die Rekrutierungskosten von entsprechendem Personal einzurechnen. Hierzu addiert sich der sogenannte wiederkehrende Aufwand, der sich aus der Wartung der Hardware und Software, dem großen Posten an Personalkosten sowie den regelmäßigen Logistikkosten (Lkw-Transporte, Transportbehälter usw.) zusammensetzt. Bei einer externen Vergabe der Leistung werden diese Aufwände in der Regel über einen Stückpreis (z.B. einem Preis pro Blatt) berücksichtigt. Ein weiterer Aufwand, der nicht so offensichtlich ist, ist derjenige für die Gewährleistung der Prozesssicherheit (z.B. Einhaltung des BDSG, Vermeidung von Verlust von Dokumenten) und die Gewährleistung einer konstant hohen Qualität der Scan-Verarbeitung (z.B. durch eine stichprobenhafte Abbildkontrolle).
Vollständigkeit
Noch wichtiger als die Wirtschaftlichkeit ist unserer Meinung nach die Vollständigkeit der Verarbeitung aller Akten/Dokumente. Dies ist ein zentraler Punkt der sogenannten Revisionssicherheit (Ordnungsmäßigkeit) eines Prozesses. Viele Anwender diskutieren intensiv über den Einsatz proprietärer Speichersysteme zur Einhaltung der Revisionssicherheit, haben aber im Digitalisierungsprozess keinerlei Verfahren festgeschrieben, wie die Vollständigkeit im Abgleich zwischen der Anzahl der zu scannenden Papierseiten und den erhaltenen Images sichergestellt wird. Dies mag für ein paar Papierblätter noch einfach erscheinen, doch bei größeren Papiermengen, z.B. beim Scannen von 30.000 Akten mit je 500 Blättern ist dies keine einfache Aufgabe. Hier besteht dann das Risiko fehlender Seiten, Dokumente oder kompletter Akten. Im schlimmsten Fall wird dies erst festgestellt, wenn die Unterlage benötigt wird, es aber zu spät ist, weil alle Dokumente bereits physikalisch vernichtet wurden.
Nachvollziehbarkeit
Damit ist die durchgängige Nachvollziehbarkeit aller Prozessschritte bei der Scan-Verarbeitung mittels Erstellung und Aufbewahrung entsprechender Protokolle/Protokolldateien gemeint. Dies ist besonders für den Fehlerfall wichtig, der sich nicht ausschließen lässt und die nachfolgende Fehlersuche und -behebung. Zur Veranschaulichung: Sie lassen Ihre Papierrechnungen intern scannen. Die Abteilung stellt die gescannten Rechnungen dann per Datenträger oder über eine Netzwerkverbindung zur Verfügung. Hierfür werden entsprechende Importmechanismen benötigt, die eine massenhafte, sichere Verarbeitung gewährleisten. Hierbei muss sorgfältig auf ein sicheres Fehlerhandling geachtet werden: Was passiert mit einer Datei, die nicht wie geplant importiert werden kann, weil die Netzwerksverbindung während der Übertragung kurz ausgefallen ist? Bricht der Importprozess ab und bleibt stehen bis der Administrator das Problem bemerkt oder wird die problematische Datei in ein so genanntes Fehlerverzeichnis kopiert und der Importprozess geht mit der nächsten Datei weiter?
Um die Nachvollziehbarkeit zu erreichen, sollte der Digitalisierungsprozess in einer Verfahrensdokumentation beschrieben werden. Dies umfasst in der Regel sowohl die Arbeitsanweisungen zur Ausführung der Prozessschritte (siehe weiter unten im Abschnitt zur Vertragsgestaltung, mit einem Beispiel), also auch Regelungen für Notfallsituationen (wie z.B. ein Stromausfall während des Scannens oder der Übertragung von Image-Daten).
Qualität der Scan-Verarbeitung
Das Abbild sollte eine Bildqualität (Auflösung, Farbe, Kontrast) besitzen, die für die fachliche Funktion ausreicht (also bei Rechnungen Lesbarkeit der Fußzeile mit USt-ID etc.) , die richtige Leseausrichtung haben und wieder in der richtigen Reihenfolge innerhalb des Dokumentes und ggf. des gesamten Aktenordners angeordnet sein. Hierbei verhält es sich so, dass einige elektronische Prozesse im Ablauf der Digitalisierung andere Anforderungen an die Bildqualität stellen als der Mensch: So erscheint den meisten Personen ein Farbbild qualitativ am besten, während hingegen für den Prozess der optischen Erkennung von Buchstaben (OCR) das bitonale (schwarz/weiß) Abbild eines Papierdokumentes in der Regel zum besseren Leseergebnis durch die Software führt. Als Quasi-Standard für ein DMS-System hat sich bei normalen Papierakten, dem Posteingang (Briefen) sowie Eingangsrechnungen derzeit die Erstellung von PDF-Dateien mit einer Auflösung 300dpi pro Din-A4 Seite bei schwarz/weiß-Darstellungen und mit 200dpi oder 300dpi pro Din-A4 Seite bei Farbdarstellungen etabliert. Zumeist wird auch eine Volltext-OCR durchgeführt, und das Ergebnis als Text in die PDF-Datei eingebettet. (Anmerkung: Zu diesen eher technischen Aspekten des Digitalisierens wird es demnächst einen weiteren Blog-Beitrag geben).
Zeitvorgaben
In den allermeisten Fällen gibt es klare Zeitvorgaben an den Digitalisierungsprozess. Dies können vereinbarte Verarbeitungs- und Lieferzeiten sein oder auch Service-Zeiten, in denen die Ansprechpartner erreichbar sein müssen. Bei der Digitalisierung von Dokumenten kommt es oftmals zu starken Schwankungen des Verarbeitungsvolumens. Beispielsweise, weil Papierakten mangels Personal nicht schnell genug aussortiert oder aufbereitet und für das Scannen bereitgestellt werden können. Oder weil die Menge an Eingangspost, die verarbeitet werden soll, von Wochentag zu Wochentag stark variiert. Aus diesen Gründen sollte es die Möglichkeit geben, diese Schwankungen durch entsprechende Anpassung der Arbeitskapazität, sprich der Personalstärke, auszugleichen. Es ist also Flexibilität gefragt; der Ausgleich von Auslastungsspitzen durch beispielsweise einen Mehrschicht-Betrieb; und ebenso der Ausgleich von größeren Auslastungslücken durch Überstundenabbau oder spontaner Urlaubstage für die Mitarbeiter. Ein weiteres Beispiel: Eine Digitalisierung von 30.000 Akten wird ein größeres Team sicherlich für einige Monate auslasten. Aber was passiert danach, wenn in der anschließenden Tagesverarbeitung beispielsweise täglich nur noch 2.000 Dokumente zu bearbeiten sind? Dies ist dann nur noch eine Arbeit für vielleicht ein bis zwei Mitarbeiter.
Datenschutz, weitere Anforderungen
Es gibt abschließend noch weitere Anforderungen, die relevant sind: Hier wäre der Datenschutz bei der Übertragung von Image-Dateien innerhalb oder sogar außerhalb Ihres Unternehmens (z.B. vom Scan-Dienstleister zu Ihnen) zu nennen, ebenso wie die Datensicherheit, wenn Sie beispielsweise Personal- oder Patientenakten digitalisieren lassen. Möglicherweise benötigen Sie für Ihre Unterlagen auch einen gesicherten Transport der Papierdokumente aus dem Archiv zum Ort der Scan-Dienstleistung, am besten in verschließbaren Transportbehältnissen. Auch die Erbringung der Leistungen im Not- oder Katastrophenfall (wie z.B. bei einem Unfall, Brand, Stromausfall oder Einbruch) sollte berücksichtigt werden. So muss bei Bedarf ein Ausweich-/Backup-Standort festgelegt werden, an dem die Scan-Produktion weitgehend unterbrechungsfrei fortgesetzt werden kann. All diese Anforderungen sollten im Vorfeld abgestimmt werden, um sie nicht erst nach Vertragsschluss klären zu müssen.
Scan-Dienstleister
Eine firmeninterne Umsetzung der Anforderungen wird oftmals wirtschaftlich nicht sinnvoll möglich sein. Häufig fehlt den meisten Unternehmen die Personalkapazität und die für die Schwankungen notwendige Flexibilität, ebenso wie technische Ausstattung und häufig auch das relevante Prozesswissen zu Themen wie Logistik, Qualität, und Datenschutz.
Diesen Markt decken Scan-Dienstleister ab, von denen es im D.A.CH-Markt Hunderte gibt: Vom Ein-Mann-Betrieb mit regionalem Markt, über den Familienbetrieb bis hin zu den sehr großen landesweit tätigen Dienstleistern mit hundert oder mehr Mitarbeitern. Als wichtige Kriterien für die Auswahl des für Ihr Unternehmen geeigneten Scan-Dienstleister sehen wir die …
- regionale oder überregionale Verfügbarkeit inkl. Abhollogistik
- Personalkapazität und Flexibilität zum Abdecken von Schwankungen
- Geräteausstattung für Sonderformate und bei hohen Mengenanforderungen
- Softwareausstattung für Dokumentenerkennung, Rechnungslesung, PDF-Konvertierung, Volltexterzeugung etc.
- Leitungsbandbreite für Online Übergabe
- Qualifikation der Mitarbeiter (z.B. Ausbildungsmöglichkeiten für Vorerfassung / Klassifikation)
Tipp 1: Vereinbaren Sie eine Probeverarbeitung mit den externen Scan-Dienstleistern in der engeren Auswahl. Übergeben Sie diesen Scan-Dienstleistern 3 bis 5 möglichst exemplarische Ordner, welche die wesentlichen Sonderfälle (*) enthalten und bitten Sie die Anbieter um eine zeitnahe Verarbeitung dieser Ordner. Dies hat für beide Seiten nur Vorteile. Der Scan-Dienstleister kann sein Angebot konkretisieren und Sie erhalten eine Vorstellung von der Leistungsfähigkeit der potentiellen Scan-Dienstleister. Vergleichen Sie anschließend die Ergebnisse dieser Probeverarbeitung.
(*) Aufgeklebte Post-its, technische Zeichnungen im Überformat, gekordelte Verträge, schlechte Papierqualität (sehr dünnes, altes, eingerissenes Papier), geklammerte, geheftete, getackerte oder folierte Dokumente, um nur einige Beispiele zu nennen, benötigen eine manuelle Sonderbehandlung und treiben natürlich auch den Preis pro Blatt in die Höhe.
Vergleichbarkeit der Angebote und Preisgestaltung
Achten Sie auf eine Vergleichbarkeit der Angebote. Hierfür sollten Sie den Scan-Dienstleistern zwecks Angebotserstellung die Ihnen wichtigen Anforderungen im Sinne eines Lastenheftes detailliert mit auf den Weg geben.
Wir empfehlen Ihnen, dass die Anbieter zusätzlich zum schriftlichen Angebot ein nach Ihren Vorgaben erstelltes Preisblatt ausfüllen, um damit später eine bessere Vergleichbarkeit der Angebote in seinen Einzelpositionen zu ermöglichen.
Verhandeln Sie sich mit dem Anbieter über eine Pauschalisierung der Angebotspositionen. Üblich sind hier drei Pauschalpreise:
- Ein Preis für die wesentliche, weil preisbestimmende Position: der Preis pro Blatt, pro Dokument (Brief, Rechnung, …) oder pro Akte.
- Ein gemeinsamer Preis für die Logistik (für Hin- & Rücktransport, Verpacken, Transportbehälter, Zwischenlagerung usw.).
- Ein gemeinsamer Preis für Rüstzeiten, Beratung, das Anlernen der Mitarbeiter auf das spezifische Beleggut, sowie die individuelle Scan-Job-Einstellung.
Aber Achtung: Die Anzahl der zu scannenden Papierblätter kann in der Regel nicht gezählt werden, sondern beruht immer auf einer Schätzung auf Basis Ihrer Angaben oder einer Schätzung im Rahmen einer Vor-Ort-Besichtigung durch den Scan-Dienstleister. Hierdurch kann es zu erheblichen Abweichungen kommen. Beispiel: Sie wollen 30.000 Akten digitalisieren. Diese könnten im Einzelfall 150 oder eben auch 500 Blatt pro Akte enthalten. Macht also im Worst Case einen Unterschied von bis zu 30.000 * 350 Blatt = 10,5 Millionen Blatt bzw. 21 Millionen Seiten (1 Blatt Papier hat 2 Seiten). Hier macht es Sinn, einen pauschalen Preis pro Akte und somit unabhängig von der Anzahl der Blätter zu vereinbaren.
Tipp 2: Preis pro Blatt/pro Seite: Falls Sie einen Preis pro Seite oder Blatt vereinbaren wollen, bedenken Sie Folgendes: Im Laufe des Prozesses werden von den Dienstleistern Barcodeblätter, Trennblätter, Registerblätter usw. in die Scan-Stapel eingelegt. Auch diese vielen Blätter werden mitgezählt, erhöhen also den Gesamtpreis bei einer Berechnung pro Blatt. Ähnlich verhält es sich mit dem elektronischen Löschen der leeren Rückseiten eines Dokumentes: Falls der Anbieter Ihnen die inhaltlich leeren Images automatisiert oder manuell löscht, werden diese in der Regel dennoch bei einem Preis pro Seite mitberücksichtigt; denn der Anbieter hatte ja Arbeit mit diesem Löschvorgang.
Alles aus einer Hand
Typischerweise erbringen die Anbieter auch weitergehende Dienstleistungen über das reine Digitalisieren hinaus, wie beispielweise:
- Ad-hoc-Priorisierung: Digitalisierung bestimmter wichtiger Dokumente auf Anfrage und mit hoher Priorität
- Scan-on-demand: Es werden zunächst alle Akten bei einem Einlagerungsunternehmen dauerhaft eingelagert. Nur Akten, die wieder im Geschäftsprozess benötigt werden, werden ausgelagert, eingescannt und im DMS zur Verfügung gestellt. Eingesetzt wird dieses Verfahren vor allem bei umfangreichen Bestandsakten, bei denen noch nicht absehbar ist, ob und in welchem Umfang noch darauf zugegriffen wird. Somit spart man sich die Kosten einer Digitalisierung aller Akten, hat aber Kosten für die Auslagerung.
- Aufbringen einer elektronischen Signatur nach dem Scan-Prozess
- Rücksortierung der gescannten Dokumentenstapel in die Aktenordner
- Einlagerung der digitalisierten Papierdokumente über mehrere Jahre oder Jahrzehnte in einem gesicherten Papierarchiv
- Einzelrecherche nach wichtigen Dokumenten/Originalen in diesem Papierarchiv
- Datenschutzgerechte Vernichtung der Papierdokumente nach Ablauf des vereinbarten Zeitraums
Erkundigen Sie sich, ob der Anbieter diese Leistungen selber erbringt, und ob er generell weitere Unterauftragnehmer einbinden muss.
Tipp 3: Machen Sie einen Termin mit den in Frage kommenden Scan-Dienstleistern und besuchen Sie deren Produktionsstätten. Lassen Sie sich Ihren individuellen Prozess erklären. Hier werden dann noch mal weitere Fragen auftauchen; vieles wird dann auch klarer. Fragen Sie auch nach der Qualifikation der Mitarbeiter und der Dauer der Zugehörigkeit zum Betrieb. Eine Besichtigung der Produktionsstätten derjenigen Anbieter, die für Sie in Frage kommen, lohnt sich noch aus einem anderen Grund: Sie gewinnen einen Eindruck davon, ob der Anbieter die Anforderungen an den Datenschutz (hier insbesondere §11 BDSG) und die Datensicherheit (z.B. bei der Übertragung von Dateien) ernst nimmt. Schauen Sie sich auch an, welche Personen Zutritt in die Scan-Produktion haben, ob Fenster offenstehen, ob das Gelände des Anbieters gesichert ist (Zaun, Zutrittskarten, Kameras, …), mit welchen Fahrzeugen die Akten transportiert werden, ob die Transportbehältnisse verplombt werden.
Wie bestimmt sich der Preis?
Der Dienst des Digitalisierens von Papier ist im Wesentlichen eine manuelle Leistung des eingesetzten Personals: Das Ein- und Auspacken und Registrieren von Akten, die physikalische Aufbereitung, das Eintippen der Verschlagwortung zu den Images am Erfassungsarbeitsplatz, die Kontrolle der Qualität und der Vollständigkeit sowie das Rückheften und –sortieren, bestimmen letztendlich den zu zahlenden Preis.
Um Auslastungsspitzen bewältigen zu können, arbeiten die meisten Anbieter neben den Festangestellten in größerem Umfang auch mit 450 Euro-Jobs, mit Nearshoring im europäischen Ausland und mit Zeitarbeitskräften. Eine Reihe von Anbietern engagieren sich auch sozial und stellen in größerem Umfang körperlich und/oder geistig beeinträchtigte Menschen ein.
Im Vergleich zu den manuellen Leistungen sind alle rein technischen Leistungen, wie z.B. eine OCR-Erkennung, das Erzeugen eines Volltextes zu einem Image oder die Konvertierung in verschiedene Bildformate, preislich zu vernachlässigen. Auch der zentrale Vorgang des reinen Digitalisierens der Papierblätter am Scanner schlägt heute pro Blatt nur noch im 1-Cent-Bereich zu Buche. Ebenso spielt die reine Logistik (z.B. Hin- & Rückfahrt der Papierdokumente zum Dienstleister, zur Verfügung stellen der Transportbehältnisse) für die Preisfindung im Gesamtangebot in der Regel nur eine untergeordnete Rolle. Daher kann auch ein nicht lokal agierender Scan-Dienstleister, dessen Produktionsstätte vielleicht 300 km weiter entfernt liegt, oftmals noch ein preislich interessantes Angebot abgeben.
Als grobe Daumenregel können Sie mit etwa 20 – 25 Euro für das Digitalisieren eines prall gefüllten Ordners (ca. 500 Blatt) rechnen. Für diesen Preis müssen Sie die Akten jedoch zum Standort des Scan-Dienstleisters bringen. Sie erhalten dann eine Lieferung der gescannten Dokumente („Images“) als eine oder mehrere PDF-Dateien auf einer DVD, externen Festplatte oder einem USB-Stick. Bei einigen Dienstleistern können Sie sich Ihre gescannten Dokumente auch mit Login und Passwort über die Webseite des Anbieters herunterladen. Für den oben genannten Preis erhalten Sie in der Regel als weitere Leistungen auch die automatische Erstellung eines Volltextes (mittels OCR-Erkennung) und eine Unterteilung der PDF-Dokumente analog der Registereinteilung in Ihren Ordnern inkludiert.
Wo Menschen arbeiten, passieren auch Fehler. Rechnen Sie hier durchaus, abhängig von der Verarbeitungstiefe, mit einer Fehlerquote in der Größenordnung von 0,1 bis 1% aller vom Scan-Dienstleiter bearbeiteten Dokumente. Bei einem größeren Auftrag von z.B. 10.000 Akten mit je durchschnittlich 100 Dokumenten, die zu digitalisieren sind, entspricht dies immerhin bis zu 10.000 Dokumenten, bei denen möglicherweise einzelne Images nicht vorhanden sind, vertauscht wurden oder nicht gut lesbar sind. Analog wurden bei 500 Eingangsrechnungen pro Tag, die verarbeitet wurden, möglicherweise bei bis zu 5 Rechnungen die Kopf- oder Fußdaten falsch ausgelesen, so dass die Buchhaltung hier nacharbeiten muss.
Tipp 4: In der Regel sind Ihre Unterlagen so wichtig, dass eine hohe Fehlerquote nicht tolerierbar ist. Daher empfehlen wir, dass Sie mit dem Scan-Dienstleister eine stichprobenhafte Augenscheinprüfung vereinbaren; von z.B. 1, 2, 5 oder gar 10% aller Images, am besten gegen das Original. Hier verhält es sich wie bei der Pareto- (80/20-) Regel. Diese restlichen „20%“ der Qualitätssicherung verursachen überproportionale Kosten: Begrenzen Sie also den Umfang der Prüfung auf das Notwendige, sonst wird es teuer.
Der Vertrag
Zu guter Letzt müssen Sie mit dem Dienstleister Ihrer Wahl einen detaillierten Vertrag aushandeln. Aus Platzgründen werde ich mich an dieser Stelle auf einige wenige, wichtige Aspekte bei der Vertragsgestaltung beschränken:
Sie sollten auf Basis der eingangs erwähnten Konkretisierung Ihrer Anforderungen die zu erbringenden Leistungen und Nicht-Leistungen sowie die Service Level Agreements (SLAs) sehr konkret und detailliert ausformulieren. Hier ein Beispiel für einen konkreten Service-Level bei der Lieferung von Eingangsrechnungen:
- 40% der von der Post vor 8:30 Uhr gelieferten Eingangsrechnungen eines Tages müssen bis 11:30 Uhr desselben Tages digitalisiert auf den Servern des Auftraggebers zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung stehen, weitere 30% müssen bis 14:30 Uhr …
- Falls es bei der Verarbeitung absehbar zu Verzögerungen kommt, müssen diese sofort nach Bekanntwerden, spätestens aber bis 12:00 Uhr, per E-Mail an Frau … gemeldet werden.
Ebenso sollten Sie vom Anbieter die anfangs bereits angesprochene Verfahrensdokumentation verlangen. Notwendige Inhalte einer Verfahrensdokumentation sind beispielsweise Arbeitsanweisungen für die einzelnen Prozessschritte der Verarbeitung. Hier ein kleines Beispiel mit Angaben zum Scan-Vorgang:
- wer scannen darf
- zu welchem Zeitpunkt gescannt wird
- welches Schriftgut gescannt wird
- ob eine bildliche oder inhaltliche Übereinstimmung mit dem Original erforderlich ist
- wie die Qualitätskontrolle auf Lesbarkeit und Vollständigkeit erfolgt
- wie die Protokollierung von Fehlern erfolgt
Der Vertrag sollte auch beiderseits einen persönlichen Ansprechpartner samt Vertretung, deren Verfügbarkeit und bei größeren Aufträgen beim Dienstleister einen Projektkoordinator vorsehen und ebenso die Erfordernisse des §11 BDSG regeln.
Ohne eigene Vorarbeiten geht es nicht …
Bevor Sie jedoch den Auftrag vergeben, denken Sie bitte daran, dass die Arbeit des Scan-Dienstleisters erst dann beginnen kann, wenn Sie Ihre Hausaufgaben gemacht haben: Sie müssen die Akten sichten, um zu entscheiden:
- Welche Dokumente, Akten können aussortiert oder vernichtet werden? Es macht wenig Sinn, Akten zu scannen, die keiner mehr braucht oder die — auch das kommt vor — doppelt vorhanden sind.
- Welche Unterlagen können und dürfen nach der Digitalisierung komplett vernichtet werden (Stichwort „Ersetzendes Scannen“)?
- Welche der Akten sollen nach dem Scannen aufbewahrt, und evtl. für einige Jahre oder sogar Jahrzehnte bei einem externen Archivdienstleister eingelagert werden?
- Was geschieht mit Dokumenten, die auf keinen Fall vernichtet werden sollen (weil es sich beispielsweise um fremde Unterlagen, um Geld, um persönlich adressierte Briefe oder Briefe an den Betriebsrat handelt) und wie und wann bekommen Sie diese wieder vom Scan-Dienstleister zurück?
- Was soll mit Dokumenten geschehen, die nicht in den üblichen DIN A5 bis A3 Formaten vorliegen, die also größer (oder auch sehr viel kleiner) sind. Großformatige technische Zeichnungen beispielsweise müssen beim Scandienstleister mit einem speziellen Durchzugscanner digitalisiert werden, deren Durchsatz viel niedriger ist als bei den üblichen Produktionsscannern. Dementsprechend ist auch der Preis pro Blatt um einiges höher.
Tipp 5: Das Sichten und Vorsortieren der zu digitalisierenden Unterlagen bei einer Aktenübernahme braucht viel Zeit und Personal. Planen Sie diese Zeit ein. Ein paar Wochen werden hierzu immer benötigt werden. Erst wenn diese Aufgabe von Ihnen erledigt wurde, kommt der Scan-Dienstleister ins Spiel. Schon so mancher Kunde hat sich hier heftig verschätzt, und bringt den Anbieter der Scan-Dienstleistung in Schwierigkeiten, weil der Auftrag nicht wie zeitlich geplant starten kann.
Der Trend
Auch die Scan-Dienstleister gehen mit ihren Angeboten vermehrt ins Internet. Für einfache Aufträge gibt es die Möglichkeit der kompletten digitalen Bestellabwicklung: Nach Eingabe seines Mengengerüstes erfährt man den Preis, kann seine Bestellung sofort platzieren, und muss dann nur noch die Akten beim Dienstleister vorbeibringen. Größere Aufträge sind in der Regel jedoch so komplex, dass man sie nicht standardisiert über das Internet anbieten kann.
Trends im Leistungsangebot der externen Scan-Dienstleister, die wir in den letzten Jahren erkennen können, sind vor allem
- Die Verarbeitung von Eingangsrechnungen, inzwischen auch bei Eingang in elektronischer Form, z.B. im EDIFACT – oder ZUGFeRD – Format
- Elektronisches Archiv in der „privaten“ Cloud: Die Archivierung der Images in einem elektronischen Archiv des Scan-Dienstleisters; zumeist mitsamt einer Recherchemöglichkeit über das Internet (DMS-Webclient)
- Standardisierte DMS-Lösungen als SaaS-Angebot oder ebenfalls aus der Cloud: Beispielsweise für das Vertragsmanagement oder die Personalaktenverwaltung
Und zu guter Letzt
Vereinbaren Sie mit dem Anbieter einen realistischen Projektplan. Bis beispielsweise einige zehntausend Akten digitalisiert sind, werden in der Regel ein paar Monate vergehen. Und auch eine Digitalisierung des gesamten Posteingangs einer Firma ist ein komplexes und logistisch anspruchsvolles Projekt. Da die Digitalisierung oftmals „nur“ ein Teilprojekt in einem größeren DMS/ECM-Projekt ist, spielen ein paar Monate mehr oder weniger bei der Erreichung der Projektziele eine wesentliche Rolle. Gut, wenn man vorher daran gedacht hat, dass die manuelle Arbeit bei der Überführung Ihrer Papierdokumente in ein elektronisches Abbild eben auch viel Zeit (und Geld) beansprucht. Glücklicherweise können Sie mit der Verarbeitung Ihrer Papierdokumente auch schon parallel zum Pilotbetrieb beginnen, müssen also nicht erst auf die finale Produktivsetzung Ihres ECM-/DMS- Systems warten.
Fortsetzung folgt
Während dieser Artikel vor allem die nicht-technischen, organisatorischen und preislichen Aspekte bei der Auswahl eines Scan-Dienstleisters behandelt hat, möchten wir Ihnen demnächst in einem weiteren Artikel auch die technischen Aspekte und Prozesse der Digitalisierung näherbringen. Also beispielsweise zu Fragenstellungen des „richtigen“ Bildformates, der „richtigen“ Auflösung bei der Digitalisierung oder auch der Signierung der gescannten Dokumente beim ersetzenden Scannen.