Für Workflow-Tools gibt es viele Optionen, einige sind in der Organisation in der Regel schon vorhanden. Damit die Auswahl nicht zu viel Zeit und Aufwand in Anspruch nimmt, ist es wichtig, die wesentlichen Faktoren für die Auswahl zu kennen. Das Angebot an Workflow-Tools ist sehr vielfältig und es gilt, den Überblick bei der Auswahl aus einer Vielzahl unterschiedlicher Angebote und Lösungsansätze zu behalten: Neben Speziallösungen bieten immer mehr Fachanwendungen die Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte in einer Prozesskette zusammenzuführen und zu steuern. Darüber hinaus enthalten immer mehr ERP- und DMS-Produkte Prozessgestaltungswerkzeuge, die in Konkurrenz zu eigenständigen Workflow-Lösungen stehen.
Im Rahmen der Werkzeugauswahl sollten Organisationen zunächst festlegen, für welche Arten von Prozessen eine Prozesssteuerungsfunktion angeschafft werden soll und welche funktionalen Aspekte zu berücksichtigen sind. Prozessarten gliedern sich in ganz unterschiedlichen Dimensionen auf, wie zu Beispiel die Komplexität der Prozesslogik, die Häufkgeit des Prozessdurchlaufs, die übliche Prozessdauer, die Anzahl beteiligter Stellen, die Kritikalität des Prozesses und viele weitere.
Organisationen, die vornehmlich dokumentenzentrische Prozesse unterstützen und automatisieren möchten, sind häufig mit DMS-basierten Worfklow- und Postkorbfunktionen gut bedient: Viele DMS-Produkte bieten bereits im Standardfunktionsumfang einfache Prozessgestaltungsmöglichkeiten mit reduziertem Funktionsumfang, die für einfache Dokumenten-Abstimmungsprozesse, insbesondere Freigabeprozesse, ausreichend dimensioniert und häufig einfach und pragmatisch eingesetzt werden können. Ebenso bieten viele auf ERP-Systemen basierende Prozessautomatisierungswerkzeuge die Möglichkeit, umfangreichere Prozessabläufe, wie z.B. das Bestellwesen in der ERP-Umgebung, zu steuern bzw. zu automatisieren.
Nimmt die Komplexität der zu steuernden Prozesse zu und sind mehrere Anwendungssysteme zu integrieren, reichen diese einfachen Prozesssteuerungsfunktionen jedoch in der Regel nicht mehr aus. Ebenso reichen sie nicht aus, wenn zum Beispiel aus Compliance-Gründen bestimmte Prozessstandards verbindlich einzuhalten sind. In diesen Fällen ist es zumeist notwendig, die Prozessregeln zentral und für den einzelnen Anwender unveränderlich zu hinterlegen, was bei vielen Produkten mit grafischen Prozessgestaltungswerkzeugen erfolgt und in der Regel zudem Programmierleistung verlangt.
Für die Auswahl ist es wichtig, frühzeitig eine klare Abgrenzung der Funktionen vorzunehmen, die in der späteren Lösung ineinandergreifen, aber dennoch von der Prozesssteuerungsfunktion zu trennen sind. So ist zum Beispiel die Dokumentenerfassung mit automatischer Klassifizierung zu trennen von der eigentlichen Steuerung des mit dem klassifizierten Dokument unterstützten Prozesses. Bei der weiteren Anforderungsanalyse ist zu ermitteln, welche Integrationsanforderungen bestehen und welche Anwendungsfälle in der Gesamtlösung abgedeckt werden sollen. Hierbei ist zudem zu berücksichtigen, dass der ständige Wandel ein effizientes Change-Management der Prozesssteuerung verlangt. Aus dieser Analyse lässt sich ein architektonisches Zielbild entwickeln, das wiederumg eine Grundlage für die weitere Beschaffung bzw. Produktauswahl aller Komponenten darstellt.
Im Rahmen einer Markterkundung sollten Organisationen die relevanten Anbieter der unterschiedlichen Ansätze ermitteln und frühzeitig Richtungsentscheidungen über den gewünschten Ansatz wählen. Um den Auswahlprozess innerhalb einer in Relation zum Vorhaben angemessenen Zeit abschließen zu können, hat es sich bewährt, mit einem Anforderungskatalog und klaren Wertungskriterien die Auswahl durchzuführen. Gewertet werden sollten hierbei neben funktionalen Aspekten auch Bietereigenschaften (v. a. Referenzen und Produktverbreitung), Integrations- und Managementmöglichkeiten, vor allem aber auch die notwendigen Integrationsleistungen und nicht zuletzt das Preismodell sowie die konkreten Kosten der Umsetzung.
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in der Bitkom-Veröffentlichung von 2018 „Herausforderungen bei der Digitalisierung von Geschäftsprozessen meistern. Hinweise und Hilfestellungen von Experten“