E-Mail hat mehr und mehr andere Kommunikationsformen wie Brief oder Fax abgelöst. Versicherer kommunizieren auf diese Art und Weise mit Kunden in Schadensfällen; Energieversorger erhalten von Kunden Wünsche zu Vertragsänderungen oder Ableseergebnisse zu Energieverbrauch; Bestellungen in Internetshops werden per E-Mail angestoßen.
Auf dem Markt werben Anbieter mit einer steigenden Anzahl von E-Mail-*.*-Lösungen. Eine klare Abgrenzung von Begrifflichkeiten wie Mail-Archivierung, Mail-Management, Mail-Monitoring etc. ist allerdings nicht vorhanden.
Es gilt der Grundsatz, dass rechtlich relevante Erklärungen auch per E-Mail abgegeben werden können. Wer im Geschäftverkehr seine E-Mail-Adresse angibt, muss davon ausgehen, dass dieser Kommunikationsweg auch genutzt wird. Aus Steuer- und Handelrecht (AO und HGB) ergibt sich hier die Konsequenz, auch per Mail eingehende Handelsbriefe wie Rechnungen, Bestellungen etc. aufbewahren zu müssen.
Daneben gewinnen Mail-Inhalte eine zunehmende Bedeutung im Zusammenhang mit der Protokollierung von Prozessen oder als Nachweisfunktion von geschäftlichen Abläufen. So sind beispielsweise die Audit-Prozesse nach dem Sarbanes Oxley Act (SOX oder SOA), die auch deutsche Großunternehmen, die an der amerikanischen Börse gelistet sind, erfüllen müssen, in letzter Zeit in den Fokus von Behörden und Prüfern gerückt.
Bis auf Dokumente mit qualifizierter digitaler Signatur, wie beispielsweise vorsteuerabzugsfähige elektronische Eingangsrechnungen (§ 14 UStG) und E-Mails mit steuerlich relevantem Inhalt in auswertbarer Form, besteht aktuell keine rechtliche Verpflichtung, diese E-Mails bzw. deren Anhänge elektronisch zu archivieren. Zwar gibt es hier oft so etwas wie „best practice“, wichtig ist aber, dass der Gesetzgeber oder regulatorische Institutionen hier bewusst Spielraum gelassen hat, um auch aktuellen technischen Entwicklungen bei der Speichertechnologie Rechnung zu tragen.
Oft sind E-Mails einzige Beweisquelle oder wichtiges Indiz für strittige Vorgänge, eine gezielte Suche ist in einer elektronischen Ablage im Gegensatz zur Papierablage wesentlich schneller möglich.
Rechtslage Datenschutz
Betreibt ein Arbeitgeber ein E-Mail-System, ist er rechtlich einem Provider gleichgestellt. Er muss dann die strengen Anforderungen des Datenschutzes (TKG, TDDSG) in Deutschland erfüllen und beachten, dass die Kommunikation grundsätzlich dem Fernmeldegeheimnis gemäß § 85 TKG unterliegt.
Befinden sich im Falle einer zentral gesteuerten E-Mail-Archivierung private E-Mails unter den zu archivierenden Nachrichten, verstößt das vollständige Protokollieren und Indexieren gegen den persönlichen Datenschutz der Mitarbeiter. In den meisten Unternehmen sind private E-Mails erlaubt oder werden trotz eines formellen Verbots geduldet. Dadurch geraten geschäftliche Interessen eines Unternehmens und dem Datenschutz in Konflikt und sollten beispielsweise über Betriebsvereinbarungen geregelt werden.
Lösungsansätze
Die auf dem Enterprise Content Management (ECM)-Markt angebotenen E-Mail-Archiv- oder Mail-Managementlösungen unterscheiden sich aufgrund der Architektur in verschiedenen Kategorien.
So gibt es Produkte, die als Komponente nur zusammen mit einem bestimmten ECM-System nutzbar sind.
Eine weitere Kategorie sind Middleware-Produkte, die oft als integrierte OEM-Komponente von verschiedenen ECM-Herstellern, die keine eigene E-Mail-Archivierungskomponente entwickeln, angeboten werden.
Darüber hinaus finden sich speziell für die E-Mail-Archivierung entwickelte Produkte mit typischerweise Fokus auf eine serverbasierte und regelgesteuerte Archivierung von E-Mail-Objekten.
E-Mails müssen nicht wegen ihres Charakters als Transportmedium, sondern oft auf Grund ihres Inhalts im Sachzusammenhang wie zum Beispiel in Kunden-, Projekt-, Vorgangs- und andere elektronische Aktensichten gespeichert werden.
Aus Anwendersicht ist hier eine einfache „Verschiebung“ aller E-Mails durch eine rein zentral gesteuerte Mail-Archivierung auf andere Speicherbereiche nicht ausreichend.
Ein Lösungsansatz im Mail-Management, der nur Mail-Datenbanken entlasten soll, erleichtert zwar deren Administration und verschafft den Benutzern eine quasi „unlimitierte Mailbox“, löst aber nicht oder nur vordergründig das Problem der gezielten Strukturierung.
Bei der Planung einer Einführung von E-Mail-Archivierung oder –Management sollten immer die Auswirkungen und Konsequenzen in Richtung Archivierungs-Strategie eines Unternehmens betrachtet und gegebenenfalls der Fokus dahingehend erweitert werden.
Fazit
E-Mail-Management allein hilft noch nicht, alle Compliance-Themen zu lösen, sondern kann nur dabei unterstützen – eine weitergehende ECM-Strategie ist dafür erforderlich. Die Unternehmensleitung muss sich um das Thema E-Mailarchivierung/-Management kümmern und dieses organisieren. Eine differenzierte Betrachtung von Anwendergruppen (z.B. Entwicklung, Rechnungswesen, IT, Einkauf etc.) ist ebenso notwendig wie die Definition von Archivierungs-Regeln und Kontrolle über deren Einhaltung.