ZUGFeRD steht für „Zentrale User Guidelines Forum elektronische Rechnung Deutschland“. Dahinter verbirgt sich eine Spezifikation für eine PDF/A-3 basierte Rechnung, die nicht nur die augenlesbaren (bildhaften) Rechnungsdaten in einer normal nutzbaren PDF-Datei enthält, sondern darüber hinaus auch die inhaltlich identischen Rechnungsdaten (mindestens die Pflichtangaben nach dem deutschen Steuerrecht) als eingebettetes XML-Objekt. Der besondere Nutzen einer solchen Rechnung entfaltet sich nach der seit dem 1. Juli 2012 bestehenden Möglichkeit, auch auf elektronischen Eingangsrechnungen ohne qualifizierte Signatur die Vorsteuer einbehalten zu können. Mit anderen Worten: Eine normale E-Mail ist als Zugangsweg und Rechnungsdokument vollkommen ausreichend, wenn der Kaufmann weiterhin (was er schon seit Jahrzehnten tun musste) die Rechnung auf formale und inhaltliche Richtigkeit prüft. Daher adressiert eine solche ZUGFeRD Rechnung drei Zielgruppen.
1: Die Rechnungsabsender. Diese erzeugen augenlesbare und gleichzeitig maschinenlesbare Rechnungen direkt in ihren ERP-Systemen bzw. ihren kaufmännischen Anwendungen und verschicken sie mit normaler E-Mail. Kein Ausdrucken, kein Kuvertieren, kein Porto.
2.: Der „Handwerker-Klecksel-Fall“: Viele Anwender werden und müssen nicht wissen, was XML bedeutet und oder gar wie man ein als XML-Objekt eingebettetes Daten-Set zur Automation der Abläufe nutzt. Diese Anwender sehen nur ein normales PDF und behandeln es wie eine normale als PDF zugehende Rechnung. Sie müssen aber nichts einscannen. Sollten sie in 5 Jahren doch eine elektronische DMS-Lösung einführen wollen, können die PDFs häufig automatisch fachlich veraktet werden, weil wichtige Informationen wie Rechnungsnummer, USt-ID (Hinweis auf den Kreditor) etc. in der Datei vorhanden sind.
3. Anwender, die eine ERP- und/oder DMS-Lösung haben, die mit solchen ZUGFeRD-Rechnungen umgehen können. Umgehen heißt: Die Anwendungen lesen die eingebetteten Daten aus und erlauben somit eine Automation von Bearbeitungsschritten wie Vorkontierung, Ablage etc.
Erste prototypische Implementierungen von ZUGFeRD konnte man auf der CeBIT 2013, auf dem CeBIT-BITKOM-Gemeinschaftsstand sehen. Nach Veröffentlichung des ersten Release Candidates am 5. Juni 2013 und der nachfolgend erwarteten Abstimmung mit Verbänden wurde die erste finale Version 1.0 am 25.6.2014 veröffentlicht. Nach unserer Einschätzung hängt der weitere Erfolg von ZUGFeRD stark davon ab, ob die ERP-Hersteller ZUGFeRD-Rechnungen bereits bei der Rechnungserstellung (und nicht erst nachgelagert) erzeugen können. Die aktuelle Anbieterliste (Stand 6. August 2015) ist diesbezüglich noch sehr mager. Wenn aber die ERP-Hersteller keine ZUGFeRD-Rechnungen erzeugen, ist eine ZUGFeRD-Konformität auf der Empfängerseite (DMS und/oder wiederum ERP) nicht sinnvoll.
Status September 2020: Leider kam es wie befürchtet: Nur relativ wenige ERP-Systeme konnten nativ ZUGFeRD Ausgangsrechnungen erzeugen, sodass die skurrile Situation entstand, dass Anbieter auf den Markt kamen, die mit Hilfe von Erkennungslösungen versuchen, eine „bei Geburt“ Nicht-ZUGFeRD-Rechnung in eine ZUGFeRD-Rechnung zu wandeln, mit all den Nachteilen der Erkennungsfehler und des Einrichtaufwandes, den ZUGFeRD ja eigentlich vermeiden wollte. Eine weitere Bremse kam mit dem EU Standard für elektronische Rechnungen (CEN 16931), zum dem ZUGFeRD 1.0 nicht kompatibel ist. Mit ZUGFeRD 2.0 wurde dann in 2017 eine mit dem EU Standard kompatible Version veröffentlicht.
ERP-Hersteller sind nun herausgefordert, sowohl den EU Standard CEN 16931 und seine nationalen Varianten und ebenfalls die davon abgeleitete XRechnung zu unterstützen (die im öffentlichen Bereich verpflichtend wird) als auch Alternativen wie ZUGFeRD 2.0. Im Kern sind XRechnung und ZUGFeRD 2.0 weitgehend identisch, in Details weichen sie aber voneinander ab, was für eine schnelle Verbreitung von Standards hinderlich ist.