Waren früher Dokumentenmanagement-, Archivierungs- oder Workflow-Lösungen überwiegend bei großen Versicherungen, Banken und Konzernen im Einsatz, so sind die verfügbaren Lösungen mittlerweile für (fast) alle Branchen und Unternehmensgrößen geeignet, weit verbreitet sowie oftmals gar unverzichtbar, auch und gerade in Organisationen und Unternehmen des Gesundheits- und Sozialwesens.
Die Vorteile eines DMS (Dokumenten Management Systems) sind vielfältig: erhöhte Auskunftsfähigkeit durch vollständige Akten (inklusive Papierdokumenten, elektronischen Dokumenten, E-Mails), sofortiger zeit- und standortunabhängiger Zugriff auf Dokumente und Akten, Verkürzung von Durchlaufzeiten in ehemals papierbasierten Prozessen, Einhaltung gesetzlicher bzw. regulatorischer Anforderungen, Zeit- und Kostenersparnis und viele mehr.
Bei Organisationen und Unternehmen mit verteilten Standorten ergibt sich geradezu eine Notwendigkeit zur Integration elektronischer Dokumente in übergreifende Geschäftsprozesse, da diese zur Erledigung der jeweiligen Aufgaben benötigt und weder per Papier noch per Fax oder E-Mail effizient und sicher an die jeweils richtigen Stellen transportiert werden können. Die Tendenz zur Zentralisierung von Verwaltungsleistungen in Organisationen und Unternehmen des Gesundheits- und Sozialwesens verstärkt diese Notwendigkeit.
So werden in standortübergreifenden Prozessen zum Beispiel Leistungen zwar zentral abgerechnet, erforderliche Dokumente (wie Verordnungen, Rezepte, Protokolle, Kostenzusagen, Verträge) fallen aber dezentral an und werden nach Bearbeitung und Abrechnung noch „vor Ort“ benötigt; auf Dokumente der Patienten-/Bewohner-/Pflegeakten ist dauerhaft der Zugriff aus Zentrale und jeweiliger Einrichtung erforderlich; Personalakten werden zentral in der Personalabteilung angelegt und gepflegt, lokale Vorgesetzte (und gegebenenfalls Mitarbeitervertretungen) benötigen jedoch Zugriff; kaufmännische Prozesse wie die Prüfung, Freigabe und Zahlung von Kreditorenrechnungen oder die Verarbeitung von Belegen der allgemeinen und Debitorenbuchhaltung erfordern standortübergreifende Zusammenarbeit.
In all diesen Fällen kann ein DMS die Geschäftsprozesse unterstützen, beschleunigen und transparenter machen.
Start oftmals mit Patienten- oder Pflegeakte
In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen bzw. bei deren Trägern wird häufig mit der Umsetzung der elektronischen Patienten-, Pflege- oder Bewohnerakte begonnen. Je nach Ausprägung ergeben sich dabei unterschiedliche Anforderungen und Herausforderungen, von der Verwaltung von Röntgenbildern bis hin zur Integration spezieller digitaler Bilddaten aus der Radiologie (sogenannte DICOM-Formate aus PACS-Lösungen) in die Patientenakte oder die Unterstützung der Abrechnung von Inkontinenzrezepten in Altenpflegeeinrichtungen. In einem folgenden Projektschritt erfolgt oftmals die Umsetzung kaufmännischer Prozesse, teilweise allerdings noch ohne den Mut zum sogenannten „ersetzenden Scannen“ mit Vernichtung der Originalbelege.
Integration führender Anwendungen
In nahezu allen DMS-Projekten sind „führende“ Fachanwendungen wie Krankenhausinformationssysteme (KIS), Lösungen für Pflege-Management und Personaleinsatzplanung, Personalwirtschaft und Buchhaltung zu integrieren, sei es zur Bereitstellung von Metadaten für die Attribuierung von Akten und Dokumenten, zum direkten Zugriff aus führenden Anwendungen auf zugehörige Dokumente oder zur Weiterverarbeitung von im Rahmen des DMS-Prozesses gewonnenen Daten (z. B. Rezeptdaten für Leistungsabrechnung, Eingangsrechnungsvorkontierung für Buchhaltung).
Unterstützung des Kreditorenbuchhaltungsprozesses
Wie aber kann ein Dokumenten Management System bei einem Prozess wie der Eingangsrechnungsprüfung konkret unterstützen? Zunächst ist zu definieren, welche Ziele erreicht werden sollen. Die reine elektronische Archivierung von Rechnungsbelegen nach der vollständigen Bearbeitung (sogenanntes „Spätes Scannen“) bringt zwar zweifelsfrei Vorteile durch verbesserten Zugriff und automatisierte Ablage, unterstützt aber nicht wirklich den eigentlichen Geschäftsprozess.
Eine deutliche Verbesserung des Prozesses in Bezug auf Transparenz, Durchlaufzeit und gegebenenfalls Kosten bietet die Einführung eines Workflow-Szenarios zur elektronischen Steuerung des Prüfungs- und Freigabevorgangs: Rechnungen werden beim Eingang und vor der Bearbeitung gescannt (sogenanntes „Frühes Scannen“) und im Anschluss elektronisch verteilt, geprüft, freigegeben und verbucht. Die Verteilung kann automatisch nach Kriterien wie Mandant, Kreditor, Standort, Kostenstelle etc. erfolgen. Die Lösung kann die Einhaltung unterschiedlicher Regeln wie 4-Augen-Prinzip, hinterlegte Freigabegrenzen, Unterschiede bei Inlands- versus Auslandsrechnungen, mit und ohne Bestellbezug etc. sicherstellen. In Organisationen mit zentraler Buchhaltung bei dezentraler Rechnungsprüfung und -freigabe ist eine solche Lösung nahezu unverzichtbar. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, die Durchlaufzeiten für Rechnungsvorgänge zu verkürzen sowie zu einem frühen Zeitpunkt bereits einen zuverlässigen Überblick über anstehenden Mittelabfluss zu haben.
(Quelle: Zöller & Partner DMS-Seminar)
Soll darüber hinaus der Datenerfassungsaufwand reduziert werden, so sind Rechnungsdokumente aufgrund ähnlicher Strukturierung für eine automatisierte Erkennung gut geeignet. In diesem Fall kommen nach dem Scannen (oder dem Eingang als PDF per E-Mail) sogenannte Rechnungsleser zum Einsatz, die automatisch Daten aus der Rechnung extrahieren, klassifizieren und gegen Stammdaten aus Buchhaltung oder Materialwirtschaft validieren.
Die elektronische Kreditorenrechnungsbearbeitung ist übrigens branchenübergreifend die in der Praxis am häufigsten vorkommende Workflow-Anwendung in Verbindung mit einem DMS.
Fazit
Bei der Umsetzung standortübergreifender Geschäftsprozesse sollten die Möglichkeiten eines DMS zumindest mit betrachtet werden. Oftmals wird man mittelfristig an der Einführung einer DMS-Lösung nicht vorbeikommen. Die Auswahl der richtigen Lösung sollte durchdacht erfolgen. Produkte mit auf den ersten Blick identischem Funktionsumfang offenbaren bei genauerer Betrachtung erhebliche Unterschiede im Detail. Es gilt zu bedenken, dass es sich bei der Auswahl einer DMS-Lösung um eine langfristige und strategische Entscheidung handelt. Gespräche mit Anbieter-Referenzen aus der gleichen Branche und mit vergleichbaren Anforderungen werden empfohlen.
Hinweis:
Zuerst erschienen in Curacontact 03-14, einer Mandanten-Zeitschrift der CURACON GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, als Gastbeitrag zwischen Artikeln zur Zentralisierung und Bündelung von Verwaltungsleistungen in Unternehmen des Gesundheits- und Sozialwesens und Einhaltung von Ordnungsmäßigkeitsgrundsätzen bei Dokumenten Management Systemen.