Der Bedarf an elektronischer Aktenverwaltung steigt ständig. In der Wirtschaft ist die elektronische Aktenverwaltung schon recht weit verbreitet. Beispiele hierfür sind z.B. die elektronische Kundenakte, die Vertriebsakte oder die Personalakte.
Aber auch in Ministerien, Behörden, öffentlichen Verwaltungen und Kommunen wird die elektronische Aktenverwaltung immer wichtiger.
Nicht nur Verordnungen zur Einführung der elektronischen Gerichtsakte, sondern auch das am 1. August 2013 beschlossene eGovernment Gesetz des Bundes fordern zum Einführen der elektronischen Akte (im Nachfolgenden auch eAkte genannt) auf.
Häufig wird die elektronische Aktenführung in der Umsetzung aber unterschätzt und Einführungsprojekte fallen schwerer aus als erwartet. Eine Akte ist eben ein komplexes Aufbewahrungsobjekt. Aber einmal richtig eingeführt, hilft die eAkte bei aktuellen Problemen, resultierend aus bekannten Papierakten.
Sie kennen es vielleicht: Die Papierakten werden immer löchriger, weil viele aufbewahrungswürdige Unterlagen nicht mehr in Papierform entstehen:
- Ein- und ausgehende elektronische Post
- Eigene Dateien, „H:Laufwerk“
- Daten/Stammdaten in DV-Anwendungen
- Ausgangspost aus/in DV-Anwendungen
- Elektronische Austauschobjekte (SWIFT, EDI, DALE etc. in den Verarbeitungsgateways und Austauschverzeichnissen)
Wichtige Informationen werden zunehmend individuell und teilweise lokal aufbewahrt, z.B. im Mail-System oder in labyrinthischen Verzeichnisstrukturen, die kein Mensch mehr überblickt (außer vielleicht der, der sie angelegt hat). Ausgedruckt und abgeheftet werden viele Dokumente gar nicht mehr. Die elektronische Aktenverwaltung wäre genau die Lösung, um diese Probleme in den Griff zu bekommen. Aber auch weitere Vorteile lassen sich mit einer elektronischen Akte lösen:
- Eine eAkte kann alle Dokumentformate/Dateiarten enthalten
- Keine unbeabsichtigten bzw. unprotokollierten Entnahmen, keine Redundanzen, kein Verlust
- Aufruf der eAkte aus jeder beliebigen Fachanwendung
- Dokumentenarten-/registerspezifische Zugriffsrechte
- Rechtespezifische Sichten auf Akten-Teilbestände
- Senden von Akten-Links
- Verlinkung von Unterakten
- Individuelle Aktensichten, dynamische Aktensichten
- Dokumente können mit oder ohne Aktenbezug zur Verfügung gestellt werden
- Elektronische Aktenvorlagen/Aktentemplates
- Aktenexport/-auslagerungen/-weitergabe an externe Stellen mit Metadaten
- Die Akte wird wieder zur verlässlichen und verbindlichen Auskunftsquelle.
ABER: Einige DMS-Lösungen haben keine „richtige” elektronische Aktenverwaltung! Eine Trefferliste zu Dokumenten mit einem gemeinsamen Indexwert ist noch keine Akte. Manchmal fehlt ein von den Dokumenten-Metadaten separates Datenmodell für die Akte. Das ist aber nötig, um 1 Dokument in n Akten unterzubringen, ohne zu kopieren.
Schnell wird klar, Aktenverwaltung ist mehr als Multi-Dokumentenverwaltung. Erweiterte fachliche Anforderungen sind die Folge. Akten besitzen auch ohne Dokumente bereits eine Struktur (den sogenannten Aktenplan):
- Verschachtelte Registerstrukturen
- Leere Akten, leere Register
- Rekursive Strukturen: Unterakten bzw. Akte A gehört zu Akte B (Links/Verknüpfungen auf Akten und Unterordner)
- Metadaten (Index und Berechtigungen) für Akten und Ordner, nicht nur für die enthaltenen Dokumente inkl. Suchmöglichkeit „Dokumente in Akten“
- Aktenplan/-vorlagen mit der Möglichkeit zu fixen oder änderbaren Unterstrukturen
Die technischen Anforderungen an eine DMS-Lösung steigen bei Umsetzung der eAkte. Besonders kritisch: Die Performanz und Ergonomie für den Endbenutzer. Auch stellt der Umfang bzw. die Physik einer umfangreichen digitalen Akte deutlich höhere Ansprüche an die Oberfläche der Anwendung und die Infrastruktur (Speicher, Server, Netzwerk, Client). In einigen DMS-Clients ist das Laden unterschiedlicher Anzeigefunktionen beim schnellen Blättern in dicken Akten ein Akzeptanz-Killer.
Wichtige Elemente einer aktenfähigen Lösung sind daher auch Werkzeuge zur Erstellung und Pflege von Aktenmodellen und die flexible Anpassung der Aktenmodelle bzw. Aktenstrukturen, denn in einer Organisation bzw. in einer öffentlichen Verwaltung wird es immer verschiedene Ausprägungen von Akten geben.
Know-how und Erfahrung mit der Einführung der elektronischen Akte spart hier Geld und Zeit und hilft bei der strategischen Umstellung von der Papier- auf die elektronische Aktenführung.
Zuerst erschienen in den IT & Business News vom 27.05.2015
http://www.messe-stuttgart.de/de/it-business/besucher/aktuelles/it-business-news/it-business-news-vom-27052015/haeufig-unterschaetzt-die-digitale-akte/